Dresdner Naturfilmer hat ein Herz für Wölfe

Zeitungsartikel

Von Antje Ullrich

Dresden – Wenn sich der Morgennebel hebt, die ersten Sonnenstrahlen durch die Baumwipfel brechen und die Vögel ihren Gesang anstimmen, dann ist die Zeit von Matthias Kays (34) gekommen. Der Dresdner ist leidenschaftlicher Naturfilmer, sein Lieblingsmotiv: der Wolf.

„Wenn der Tag anbricht, die Natur zum Leben erwacht und ich mittendrin bin, ist das ein sehr erhabener Moment für mich“, erzählt der Naturfreund begeistert.

Dafür steht er auch gern mitten in der Nacht auf. „Im Sommer geht es meist gegen 3 Uhr los“, sagt Kays.

Sein Ziel: die Lausitz. „Ich liebe die Lausitz sehr, aufgrund des Artenreichtums und der Landschaft. Dort gibt es noch wilde Natur“, schwärmt er. Nur mit einer kleinen Stirnlampe ausgerüstet, pirscht er sich dann durch die finsteren Wälder und bereitet sein Versteck vor. „Wenn man wilde Tiere filmen möchte, die sich ganz normal verhalten, darf der Mensch in der Szenerie nicht vorkommen“, sagt Matthias Kays. „Ich muss quasi unsichtbar und Teil der Natur werden.“ So wird er mithilfe eines 3D-Blätter-Tarnanzugs zu einer lebenden Hecke. „Aber noch wichtiger als die Optik ist der Geruch“, erklärt er. „Nimmt ein Tier meine Witterung auf, ist es weg und das war’s.“ Deshalb prüft er vorab immer per App, wie der Wind steht.

Dann heißt es warten – mal kürzer, aber meistens länger. Im Schnitt fünf bis sechs Stunden harrt er still und bewegungslos aus.

Und mit etwas Glück bringt ihm ein Zaunkönig vor der Kamera ein Ständchen, angelt sich ein Seeadler einen Fisch oder watet eine Herde Hirsche durchs Wasser. Doch das absolute Highlight für den Naturfilmer ist es jedes Mal, wenn sich ein Wolf oder vielleicht sogar ein ganzes Rudel zeigt.

„Der Wolf ist mein absoluter Liebling“, schwärmt Matthias Kays. „Als Kind konnte ich es mir nicht vorstellen, als mein Vater mir davon erzählte, dass es bei uns mal Wölfe gab“, erinnert er sich. „Dann hieß es irgendwann, es gibt wieder Wölfe. Die Vorstellung, dass man den Wolf im Wald treffen kann, fand ich unglaublich faszinierend.“

Seine erste Begegnung mit Isegrim hatte er schließlich 2016. „Das war ein Rudel von sechs Wölfen und wir sind uns quasi über den Weg gelaufen. Das war für mich ein Wahnsinnsmoment“, schildert er.

„Ich stand da wie versteinert. Der letzte Wolf ist auch stehen geblieben und hat mich angeguckt. Da war’s um mich geschehen.“

Sein eindrucksvollstes Wolfserlebnis hatte er dann zwei Jahre später.

„Da kam ein junger Wolf, schätzungsweise ein Jahr alt, auf 40 bis 50 Meter Entfernung an mir vorbeigelaufen. Ich hatte damals noch eine Spiegelreflexkamera, die laut geknattert hat. Da blieb der Wolf stehen, guckte und machte einen Satz und kam bis auf 15 Meter an mich ran, um zu schauen, was das für eine komische Hecke ist“, beschreibt er auch heute noch aufgeregt.

„Ich schwöre, die einzige Angst, die ich da hatte, war, fotografisch zu versagen. Denn das passiert einem nicht wieder.“

Zu diesem Zeitpunkt war Matthias Kays erst seit vier Jahren als Naturfotograf unterwegs. Fotografiert hatte er aber schon einige Jahre zuvor, arbeitete zeitweise sogar als Hochzeitsfotograf. Dann wurde ihm irgendwann alles zu viel und er wurde krank. „Die Natur hat mir dann geholfen, wieder gesund zu werden und auch heute noch ist es ein toller Ausgleich zu meinem Job“, erzählt der Taxifahrer.

Viel lieber würde er seinen Lebensunterhalt aber mit seinen Naturfilmen verdienen.

„Und mein großer Traum wäre es, mal einen komplett eigenen 45-minütigen Dokumentarfilm zu machen“, sagt er.

Sein großes Vorbild sei da der bekannte sächsische Wolfsfilmer Sebastian Körner, mit dem er ein Anliegen teilt: „Wölfe sind für mich ungefährlich. Das sind solche Schisser. Wenn die Menschen wahrnehmen, ziehen die den Schwanz ein und hauen ab. Deshalb würde ich mich freuen, wenn die Menschen fairer mit dem Wolf umgehen und keine Schauermärchen erzählen würden“.

So hofft er, mit seiner Arbeit dazu einen Teil beizutragen. Kays: „Mir ist es wichtig, die Leute für unsere wunderschöne Natur zu sensibilisieren und mit meinen Bildern zu zeigen, wie schön und schützenswert sie ist.“

 

Seit 1996 ist Isegrim zurück

Der Wolf erobert sich seine sächsische Heimat Stück für Stück zurück.

So gibt es laut Sächsischem Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) aktuell (Stand Oktober 2022) 36 Wolfsterritorien mit 31 Rudeln, vier Paaren und einem territorialen Einzeltier.

Insgesamt wurden 74 Welpen, 13 weniger als im Vorjahr, in 26 Rudeln im Monitoringjahr 2021/2022 (Mai 2021 bis April 2022) geboren.

17 Wölfe starben, davon zwölf bei Verkehrsunfällen und zwei an natürlichen Todesursachen, zwei wurden illegal getötet und ein Fall blieb ungeklärt.

Nachdem der letzte deutsche Wolf 1845 bei Trebendorf (Muskauer Heide) geschossen wurde, steht er seit 1990 in Deutschland unter Schutz. Die ersten Wolfssichtungen gab es daraufhin 1996 auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz.

Im Jahr 2000 wurden die ersten frei lebenden Wolfswelpen in Sachsen geboren.

Wolf im Wald